Ich will Dir heute etwas zum Thema Prokrastination für die Woche mitgeben. Beim Nachdenken über den Betreff habe ich mich für Aufschieber-itis entschieden:
Prokrastination ist ein entzündlicher Prozess. Das sagt die Endung -itis aus, kennen wir aus der Medizin und fand' ich genau passend.
Lass' uns über das Was, Warum und neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft sprechen:
Das Problem ist so alt wie das Denken: Sokrates und Aristoteles nannten es im alten Griechenland Akrasia.
Was: Wir verzögern oder verschieben dabei Aufgaben entgegen unseres besseren Wissens, entgegen unserer Ziele die wir uns gesetzt haben - kennen wir alle.
Warum: Hier wird es interessant und dazu gibt es mehrere Erklärungsversuche. Einer, den ich Dir vorstellen möchte: In der Verhaltenspsychologie entstand mehr und mehr der Begriff "time inconsistency" (zeitliche Inkonsistenz).
Dabei hilft es, sich 2 Versionen Deiner selbst vorzustellen: Eine Variante mit allen Perspektiven für die Zukunft, Ziele, Wünsche und Träume (Zukunfts-Ich = ZI). Eine andere Variante mit allen Bedürfnissen für das Hier und Jetzt (Gegenwarts-Ich = GI).
ZI überlegt sich nun, morgen wieder die erste Sporteinheit zu absolvieren und keine Schokolade zu essen. Macht natürlich Sinn mit einem Ziel, meine Figur und Gesundheit zu verbessern.
GI hingegen steckt im Alltag und bemerkt, dass man gar nicht mehr so viel Lust auf die Sporteinheit hat... und dass die Schokolade auch schon echt lecker ist. Und ach, wenn man die Sporteinheit schon nicht gemacht hat... dann mache ich einfach alles morgen und kann die Schokolade essen. So.
Nach aktuellem Wissenstand laufen diese Überlegungen sogar in unterschiedlichen Zentren unseres Gehirns ab.
Kommt der Moment der Wahrheit, dominiert dein GI - nicht ZI, welches das Vorhaben formuliert hat.
Die Vorstellung, es in der Zukunft zu tun, ist mit guten Gefühlen behaftet. Es wirklich nun zu tun (oder tun zu "müssen"), ist mit Schmerz behaftet!
Es gibt eine Hürde, die überwunden werden muss.
Interessant sind dabei ebenfalls unsere Emotionen: Schaffe ich es nicht, die Zielsetzung in den Tag zu übertragen, dann erleide ich wiederholt emotionale Niederlagen. "Schon wieder nicht geschafft... vielleicht bin ich einfach zu schwach?"
Das kann sich festigen und zu einem Glaubenssatz werden. Einer feststehenden Aussage von Dir über Dich selbst. Der kann zu meiner Willensstärke, zu meinen Genen, zu meinem Körper oder auch zum Supermarkt, in dem man einkauft, formuliert werden.
Warum? Weil Du Dich genau damit vor weiterer Enttäuschung bewahrst!
Leider schützt Du Dich damit auch vor jeglichem Erfolg in der Thematik.
Seitdem ich verstanden habe, dass diese emotionalen Niederlagen plus die Glaubenssätze zwingend gelöst werden müssen, arbeite ich 1:1 mit unseren Teilnehmern zusammen. Diese Dynamik ist selbstgemacht.
So können wir uns große Erfolge erarbeiten und die Schublade (emotional) schließen. Es braucht auch anderweitig know-how, aber das ist vergleichbar einfach.
Wichtig: Immer wieder zeigt sich dabei, dass der Schmerz höher zu der Zeit ist, in der man prokrastiniert. Die Hürde ist da, aber der Schmerz dann schnell geringer während des Tun's als beim Prokrastinieren. Im Tun angekommen, fällt es einem meist überraschend leicht.
Eine Frage, die mich seit einigen Jahren begleitet: What is the pain you want to sustain? Welchen Schmerz möchtest Du durchstehen?
Den Schmerz, es gar nicht anzugehen? Gar nicht den ersten Schritt zu tun?
Oder den Schmerz, den ersten Schritt zu gehen? Und danach den zweiten? Egal wie dieser aussieht.
Irgendeinen Schmerz müssen wir alle wählen. Wenn Du beim ersten, zweiten und dritten Schritt in der besten Position sein willst, dann buche Dir hier ein unverbindliches Gespräch.
Die Entzündung muss raus. (Den Begriff Aufschieberitis fand' ich immer dämlich, nun aber sehr passend :-) )
"Leichte" Grüße aus Oldenburg und eine schöne Woche,
Sven
PS: Die Herkunft des Namens wird deutlicher bei folgendem Beispiel. Stell' Dir zwei Fragen vor:
1) Möchtest Du heute 500€ oder morgen 505€?
2) Möchtest Du in 365 Tagen 500€ oder in 366 Tagen 505€?
Sofort 500€ zu haben ist heute besonders reizvoll, nicht in 365 Tagen. Zeit ist nicht linear in unserer Bewertung und unsere Überlegungen können aus beiden Perspektiven getroffen werden - ZI und GI.